LESEPROBE 1
Paul befindet sich mit seinen Freunden auf Fahrradtour. Auf einem Zeltplatz haben sie einen buddhistischen Mönch kennengelernt und ihn zum Essen als Gast gehabt:
Nach dem Essen lobte Kunzang die Köche und bedankte sich für die Einladung. Anja rutsche unruhig hin und her, mochte aber nicht schon wieder den Mönch vorlaut zum Erzählen drängen. Kunzang, dem das nicht entging, lächelte Anja an und erzählte von seinem Weg, der ihn in die norddeutsche Tiefebene geführt hatte. „Ich lebe seit 10 Jahren in einem buddhistischen Kloster in Süddeutschland. Ich bereise derzeit die ganze Bundesrepublik, um mehr über das Leben der Menschen hier zu erfahren. Denn mein Anliegen ist es, die Menschen in diesem Land kennen zu lernen, das mir zur zweiten Heimat geworden ist.“ „Warum ausgerechnet Deutschland, die Welt ist doch so groß!“, fragte Jens. „Sicher“, erwiderte Kunzang, „aber ich bin meinem Herzen gefolgt. Das sagte mir, ich solle mir ein Kloster weit weg von meiner Heimat suchen. Ich verbrachte viele Jahre in Indien im Exil. Dort sprachen wir viel darüber, wie wir dem Buddhismus dienen können. Wir Tibeter haben Jahrhunderte lang vom Rest der Welt getrennt gelebt. Ich denke, dass die Zeit reif ist, die Lehren des Buddha auch in den Ländern außerhalb Asiens bekannt zu machen.“ „Dann bist du also eine Art Missionar!“, folgerte Michael. Kunzang lachte freundlich „Nein, ich möchte niemanden missionieren!“ „Das Tolle am Buddhismus ist doch die Toleranz“, bemerkte Anja mit einem Seitenblick auf Michael, „die Buddhisten wenden nicht solche Holzhammermethoden an wie die Christen!“ „Woher soll ich das denn wissen, für mich haben die Religionen alle eins gemeinsam: Sie haben einen Gott und versuchen den Anderen Ihren Gott einzureden! Deshalb gehöre ich auch keiner Religion an. Die Religion ist doch nur Opium für das Volk. Ich will dir nicht zu nahe treten, Kunzang, aber ich finde vieles in den Religionen wirklich nicht gut!“ „Kennst du die Bedeutung des Wortes Religion?“, fragte der Mönch. „Keine Ahnung!“ „Es bedeutet ‘zurück zum Ursprung’. Damit ist gemeint, sich auf die ursprüngliche Aufgabe zu konzentrieren, die hinter all den Dingen steht, die über das rein materielle Weltbild hinausgeht. Der Mensch ist ein spirituelles Wesen. Es ist die Aufgabe, das Ziel des Daseins, Weisheit zu erlangen. Dabei spielt es keine Rolle, welcher Glaubensrichtung du anhängst. Auch Menschen, die keiner organisierten Religionsgemeinschaft angehören, können in Ihrer Entwicklung sehr weit sein.“ Paul bewunderte, mit welcher Ruhe und Freundlichkeit der Mönch sprach. Er fühlte sich von Michaels Bemerkungen offensichtlich nicht angegriffen. Und beeindruckte Paul durch die gelebte Toleranz. Das Gespräch wirkte nicht wie die sonst oft üblichen Diskussionen, in denen man sich gegenseitig die Argumente um die Ohren schlug, ohne eigentlich auf den anderen einzugehen. Olaf schaltete sich ein, während er eine weitere Flasche Wein öffnete: „Was ist Buddhismus eigentlich? Kannst du uns das nicht mal kurz erklären? Für mich ist es eine Religion aus Asien, doch viel mehr weiß ich nicht darüber.“ Kunzang erzählte in kurzen Worten, was Buddhismus bedeutet. Er räumte mit dem Missverständnis auf, es handele sich um ein Glaubenssystem: „Buddha forderte seine Zuhörer auf, ihm nicht einfach blind zu glauben. Man solle eine Lehre erst als wahr annehmen, wenn man wirklich von ihrer Richtigkeit überzeugt ist. Nur durch die eigene Erfahrung lässt sich feststellen, ob eine Lehre heilsam ist und positive Auswirkungen hat. Buddha lehnte Autoritätsgläubigkeit ab.“ „Das ist ja nicht schlecht!“, meinte Michael. „Wer war eigentlich Buddha?“, fragte Paul.
LESEPROBE 2
Paul hofft mit seiner Band einen Plattenvertrag zu ergattern. Und fährt mit den Jungs zum Produzenten.
Sie trafen sich eine knappe darauf Woche bei ihrem Sänger, um zusammen in dessen Opel Manta nach Düsseldorf zu fahren. Die Kiste war Paul nicht geheuer, tiefergelegter Manta in Pink, einfach grausam. Aber die anderen hatten alle keine Autos, bis auf den Bassisten, der hatten einen uralten Porsche, in den sie nicht alle reinpassten. Außerdem war die Kiste ständig kaputt. Also stiegen sie in den Manta ein, wollten losfahren, doch leider gingen die Türen nicht zu. Sie klemmten am Bürgersteig fest. Das Auto war einfach zu voll besetzt. So quälten sie sich alle wieder raus. Rainer, der Sänger, fuhr mit seinem pinkfarbenen Geschoss in die Mitte der Straße, dann kletterten sie erneut in die Kiste. Endlich konnte es losgehen. Paul stöhnte. Das war also seine Band, wenn es ernst wurde. Ein Mantafahrer mit tiefergelegter Proll-Schüssel, dann ein betrunkener zweiter Gitarrist, der höllisch nach Knoblauch stank und, wie Paul fand, neben ihm 2 Normalos.
Der betrunkene Mit-Musiker hatte gar nicht geschlafen, sondern war morgens nach ausgiebiger Kneipen-Tour direkt zum mantafahrenden Sänger gekommen. „Na und, das ist Rock’n Roll“, war sein einziger Kommentar. Paul war wütend, wie konnte man nur mit so einer Riesenchance so leichtfertig umgehen! „Spießer“, lallte es durch das Auto, als Paul seinen Unmut kundtat. „Du hättest ja gleich mit Anzug und Aktenkoffer kommen können!“ Ein knoblauchstinkender Rülps zog durch die Karre. Paul sagte lieber gar nichts mehr, bevor es eskalieren würde. Sich als Spießer beschimpfen zu lassen, war ja wohl der Hammer. Aber mit dem Typ war nicht zu reden. Irgendwie musste der bis Düsseldorf wieder nüchtern werden. Paul hoffte auf einen kräftigen Kaffee in einer Autobahnraststätte. Es stellte sich jedoch heraus, dass ein Mensch gar nicht so viel Kaffee konsumieren konnte, wie nötig gewesen wäre, um den Mann wieder herzustellen. So konnten sie nur auf ein halbwegs vernünftiges Benehmen in Düsseldorf hoffen. Was wohl Kunzang in einer solchen Situation gedacht hätte. Aber der würde wohl nicht mit 5 Mann im Manta wegen eines Platten-Deals nach Düsseldorf fahren. Trotzdem tat der Gedanke an den Mönch Paul gut. Es beruhigte die Nerven. Er war doch ganz schön aufgeregt. Vielleicht war das die Chance seines Lebens. Und sei es, um einen Produzenten zu treffen, mit dem er auch ohne seine Band was machen könnte. Denn viele Ideen kamen von ihm. Und das wollte Paul auch vermitteln.